Neue Mittelland Zeitung vom 16. November 1998 über das 125-Jahre-Jubiläum
Jubiläum mit dem ganzen Dorf gefeiert
Die Feldschützengesellschaft Attelwil beging am Freitagabend im Gemeindehaus ihren 125. Geburtstag
Die Feldschützengesellschaft Attelwil feierte am Freitagabend die 125 Jahre ihres Bestehens mit einem Festakt, in dem die Schützinnen und Schützen als Höhepunkt eine neue Trainerjacke in Empfang nehmen durften. Sie waren von der einheimischen Erismann GmbH gesponsert worden. Zum zweiten Teil des Abends waren alle Attelwilerinnen und Attelwiler von den Feldschützen zum kostenlosen Raclette-à-discrétion-Schmaus eingeladen.
Die Örgelifründe Attelwil empfingen die Gäste zum Apéro mit lüpfiger Musik. Für Margrit Hunziker, Marianne Steiger, Fritz Mathies und Franz Peter stellte dies nämlich der erste öffentliche Auftritt in Attelwil dar.
"So ein rundes Jubiläum wollen wir nicht still im Kämmerchen feiern, sondern alle - Einwohnerinnen und Einwohner, Freunde, Schützenkolleginnen und -kollegen - sollen mit uns teilhaben an dem, was unsere Vorfahren am 8. Juni 1873 eingeleitet haben", verkündete Schützenpräsident René Lehmann eingangs seiner Rede. Weiter fuhr er fort, der in der Gründungsurkunde fixierte Zweck des Vereins "...bezweckt durch freiwillige Versammlung von Schützen und Schützenfreunden die Förderung der Waffenbrüderschaft" werde noch heute hochgehalten. Stolz zeigte sich der Präsident über die Mitgliederzahl. 45, davon zirka 28 aktive Schützen, entsprächen rund 15 Prozent der 300 Einwohnerinnen und Einwohner Attelwils. Dadurch sei der Verein von Behörde wie auch von der Bevölkerung immer sehr bevorzugt behandelt worden. Dies erkläre auch die beispielhafte Infrastruktur im Attelwiler Schiesswesen: ein optimal gelegenes Schützenhaus mit sechs elektronischen Trefferanzeigen. Der gemütliche Schützenhauskeller biete den Schützen zudem durch Vermietung für gesellige Anlässe eine gute Einnahmequelle.
Kameradschaft oft wichtiger als goldener Lorbeerkranz
René Lehmann blickte in der Folge auf die 125 Jahre Vereinsgeschichte zurück, indem er zahlreiche - zum Teil heitere - Protokolleinträge vorlas. Er dankte dabei gleichzeitig der Feldschützengesellschaft Reitnau, die seit jeher die Attelwiler Jungschützen ausbildet. "Die Kameradschaft und die Zusammengehörigkeit innerhalb unseres Vereins waren oft wichtiger als der goldene Lorbeerkranz am Eidgenössischen Schützenfest", hielt René Lehmann weiter fest. Er zeigte sich über die Zukunft der Attelwiler zuversichtlich. Trotz Bestrebungen das Obligatorisch abzuschaffen, trotz Militärreformen, die Einsparungen verlangten und Vorschriften brächten, und trotz dem wachsenden Kostendruck bei der Gemeinde würden die kommenden Jahre gemeistert werden, dank motivierten Mitgliedern und dem Goodwill der Gemeinde.
Als verdiente Ehrenmitglieder der FSG Attelwil durften Edwin Rössler, Kurt Maurer, Emil Morgenthaler und Kurt Baumann ein Präsent entgegennehmen. Ebenfalls beschenkt wurden zwei ehemalige Schützenmitglieder, die den Sprung in Verbände geschafft hatten. Brigitte Rössler - Schneider war von 1980 an Aktuarin bei den Attelwilern, bis sie 1988 als erste Frau zur Präsidentin des Obersuhrentaler Schützenverbandes gewählt wurde. Kurt Zehnder präsidierte die FSG Attelwil von 1970 bis 1978 und wirkte im Bezirksschützenverband Zofingen von 1970 bis 1985 als Kassier.
125 "Taler" für die Cheminéesanierung
Der Attelwiler Gemeindeammann Ernst Baumann überbrachte dem jubilierenden Verein die Glückwünsche des Gemeinderates. Er freute sich ob dem familiär gewählten Rahmen für das Geburtstagsfest und überreichte dem FSG-Präsidenten einen Stock mit angeknotetem "Bündeli", gefüllt mit klimpernden Münzen. Vor 125 Jahren hätten anstelle Notengeld Taler existiert, deshalb schenke der Gemeinderat jetzt für jedes Vereinsjahr einen heutigen Taler. Er wisse, dass die Schützen diesen Zustupf gut für die notwendige Sanierung des Cheminées im Schützenhauskellers gebrauchen könnten, ergänzte der Ammann.
Als weiterer Gratulant überbrachte Hans Bärtschi, Ehrenpräsident des Bezirksschützenverbandes Zofingen, die Glückwünsche aller Verbands-sektionen. Ihm folgte Heinz Haller, Präsident des Obersuhrentaler Schützenverbandes. Er beschenkte die Attelwiler Schützen mit einer Wappenscheibe. Ferner durfte René Lehmann diverse Aufmerksamkeiten von Dorf - und benachbarten Schützenvereinen in Empfang nehmen.
Zum Geburtstag neue Trainerjacken
"Einen weiteren Höhepunkt dürfen wir Ihnen präsentieren. Exakt auf das 125-Jahr-Jubiläum haben wir einen Sponsor für eine Schützenjacke gefunden", frohlockte René Lehmann. Er bedankte sich darauf ganz herzlich bei der einheimischen Elektro Erismann GmbH. Vater und Sohn Hanspeter und Alexander sind beides aktive Schützen. Hanspeter Erismann war viele Jahre als Munitionsverwalter im Vorstand tätig. Die Schützinnen und Schützen kleideten sich umgehend ein und präsentierten sich den Gästen.
Zum Abschluss bedankte sich der Präsident bei zahlreichen Personen, die zum guten Gelingen der Jubiläumsfeier beigetragen haben, und lud das ganze Dorf zum gemütlichen Verweilen ein.
Präsentiert sich erfreut im neuen Outfit: die Feldschützengesellschaft Attelwil mit der Sponsorfamilie Hanspeter und Alex Erismann.
Die Ehrenmitglieder der FSG Attelwil: (v.l.n.r) Kurt Maurer, Emil Morgenthaler, Edwin Rössler und Kurt Baumann.
Geschenk der Gemeinde Attelwil: Gemeindeammann Ernst Baumann überreicht dem Präsidenten René Lehmann ein "Bündeli" mit klingenden Münzen.
Chronologie 125 Jahre FSG Attelwil
1873: Am 8. Juni wurden an der Gründungsversammlung die Statuten verabschiedet.
1876: Gesuch an die Bürgergemeinde um einen Beitrag zur Anschaffung einer Fahne. Der Versuch, eine alte Sängerfahne als Schützenfahne umzuändern, scheiterte an den Kosten.
1877: Beschluss zur Fahnen-Neuanschaffung zum Gesamtpreis von 160 Franken.
1910-1922: Während des ersten Weltkrieges keine nennenswerten Protokolleinträge.
1924: Erstellung eines neuen Schützenhauses. Die Kosten von total 840 Franken übernahm die Gemeinde Attelwil.
1930: Die Zeigermannschaft verlangte erneut mehr Lohn. Die FSG beschloss eigene Zeiger zu stellen. Gegenleistung: ein Nachtessen nach der GV, das auf 2.30 Franken und der Wein auf 2.80 Franken pro Mann zu stehen kam.
1932: Anbringen eines Kranzkastens in der "Schmiedstube".
1948: Beschluss zur Anschaffung einer neuen Fahne. Als Gestaltungsberater wurde der bekannte Attelwiler Kunstmaler und Lehrer Walter Gottlieb Lüthy beigezogen. Kostenvoranschlag: 953 Franken. Aus 310 verschickten Bettelbriefen gingen 155 Einzahlungen ein. Die Schlussabrechnung verzeichnete einen Reingewinn von 1451 Franken.
1948: Bau des heutigen Schützenhauses oberhalb des Chutzeheimes. Dank Gratislieferung von Backsteinen durch die Attelwiler Tonwarenfabrik Rössler und viel Fronarbeit konnten die Baukosten mit 10865 Franken tief gehalten werden.
1954: Übernahme der Patenschaft für die neue Fahne der Feldschützengesellschaft Staffelbach.
1955: Revision der Statuten.
1973: Durchführung des Jubiläumsschiessens "100 Jahre FSG Attelwil".
1980: Standarte als Geschenk von Edwin Rössler erhalten.
Errichtung der heimeligen Schützenstube samt Einbau eines WCs im Schützenhaus.
1993: Gesamtrenovation des Schützenhauses. Mit einem Kredit von insgesamt 211000 Franken wurden sechs elektronische Trefferanzeigen installiert.
1995: Anschaffung eines Cheminées und von sechs Tischgarnituren für den Schützenhaus-Aussenplatz.
Aufgepickt
Familien-Vernachlässigungs-Medaille
Wenn der Raclette-Käse nicht ausreiche, sei das nicht weiter schlimm, die Küche lege dann einfach grössere Kartoffeln dazu, erklärte FSG-Präsident René Lehmann.
Samuel Baumann wurde 1927 als Gesellschafts-Weibel gewählt. Sein Auftrag war das Aufbieten der Schützen zur Generalversammlung. Pro Mitglied erhielt er einen Franken. Sollte er aber einen oder mehrere vergessen, so hatte er als Busse ebenfalls pro Mitglied einen Franken zu bezahlen.
An der GV 1929 fasste die FSG Attelwil den Beschluss, an der GV fehlende Schützen über dem 40. Altersjahr nicht mehr mit einer fünffränkigen Busse zu belegen.
Das alte Schützenhaus - 1924 für total 840 Franken gebaut - verkauften die Attelwiler 1948 zum Preis von 1300 Franken an die Gemeinde Mühlethal; Abbruch und Kosten zulasten der Käuferin.
Gustav Rössler und Emil Morgenthaler wurde 1965 an der kantonalen Delegiertenversammlung die "Familienvernachlässigungs-Medaille" beziehungsweise die Auszeichnung für 15jährige Vorstandstätigkeit verliehen.